Chronischer Schmerz

Akute Schmerzen sind allen Menschen als Erfahrung vertraut. Im Allgemeinen werden sie als Warnsignal für Krankheit oder Verletzung verstanden und somit vorübergehend – bei begründeter Hoffnung auf baldige Heilung – erduldet und akzeptiert. Chronische Schmerzen jedoch sind für Betroffene meist eine deutliche Belastung, da sie in diesem Fall mit den daraus resultierenden Einschränkungen auch langfristig leben lernen müssen.

Merkmale des chronischen Schmerzes

Als chronisch werden Schmerzen bezeichnet, die länger als 3-6 Monate bzw. länger als die übliche Heilungsdauer bei einer akuten Verletzung anhalten. Betroffen können prinzipiell alle Körperteile sein, in entsprechenden Studien werden Rücken- und Kopfschmerzen als die häufigsten chronischen Schmerzprobleme identifiziert.

Ein chronischer Schmerzproblem umfasst jedoch mehr als die rein körperliche Empfindung. Betroffene müssen sich mit einer veränderten körperlichen Leistungsfähigkeit, mit psychischen Folgeerscheinungen wie Gereiztheit oder Depressivität und schließlich teils auch mit sozialen oder beruflichen Folgen auseinandersetzen.

Chronische Schmerzen sind kein seltenes Problem. Die Zahl der Betroffenen wird in Deutschland auf ca. 5-10 % der Bevölkerung geschätzt.

Entstehung und Aufrechterhaltung

Die Frage nach der Ursache der Schmerzen ist häufig für die Betroffenen von zentraler Bedeutung, da sie hoffen, mit Wissen um die Ursache dann auch das Schmerzproblem abstellen zu können. Leider ist dies bei chronischen Schmerzen jedoch nicht möglich. Entweder ist zwar die Ursache bekannt, aber leider nicht zu beseitigen (z. B. bei Rheuma) oder aber die Ursache der Schmerzproblematik ist gar nicht eindeutig zu klären (wie z. B. beim Großteil der Rückenschmerzen). Auch die früher gängige Unterscheidung zwischen rein organisch bzw. rein psychisch verursachten Schmerzproblemen kann mittlerweile als überholt gelten. Die aktuelle Auffassung der Schmerzforschung geht stattdessen dahin, dass chronische Schmerzprobleme immer von vielen Faktoren beeinflusst sind, dass also körperliche „Schwachstellen“ sowohl auf körperliche Überforderungen oder Fehlhaltungen als auch auf psychischen Stress reagieren. Sinnvoll erscheint daher ein Modell der Entstehung und Aufrechterhaltung von chronischen Schmerzen, das vielen verschiedenen Faktoren (körperlichen und seelischen) und deren Wechselwirkungen Rechnung trägt. Welche dies im Einzelfall genau sind, gilt es in der Behandlung herauszufinden.

Therapie

Chronische Schmerzen erfordern häufig ein vielfältiges Therapieangebot mit Beteiligung verschiedener Fachdisziplinen wie Medizin, Psychotherapie und Physiotherapie. In den auf Schmerztherapie spezialisierten stationären oder teilstationären Einrichtungen finden Patienten ein solches Therapieangebot vor, im ambulanten Bereich bedarf es ein entsprechend höheres Maß an eigener Organisation.

Psychologische Schmerztherapie

Schmerzfreiheit kann die psychologische Schmerztherapie leider nicht versprechen – die Erhöhung der Lebensqualität durch einen veränderten Umgang mit dem Schmerzproblem ist jedoch ein realistisches Ziel. Für die Betroffenen geht es in der Therapie zu entdecken, wie sie auf ihr Schmerzgeschehen Einfluss nehmen können. Sie werden geschult, ihre Schmerzreaktionen zu beobachten, ihre Schmerzverstärkung zu identifizieren und zu verändern. Sie erlernen Strategien zur Schmerzbewältigung, wie Entspannungstechniken, Steuerung der Aufmerksamkeit, Bewegungsausgleichs etc. Sie verbessern Ihre Stressbewältigungsfertigkeiten und verhindern so ein Aufschaukeln von Stressreaktionen zu Verspannung und Schmerzverstärkung. Gleichzeitig geht es in der Schmerztherapie darum, einen achtsamen Umgang mit dem eigenen Körper und eigenen Wünschen und Bedürfnissen zu entwickeln. In der Therapie wird somit auch über das Thema Schmerz hinaus Augenmerk darauf gelegt, was zu mehr Wohlbefinden und Lebensfreude der einzelnen Person beitragen kann.

Hypnose und Schmerzkontrolle

Der positive Einfluss von Hypnose (vgl. auch meine Informationen auf diesen Internetseiten zum Thema Hypnose – Hypnotherapie) auf das Schmerzgeschehen wird seit einigen Jahren an verschiedenen Universitäten und Instituten erforscht. In Niedersachsen hat die Universität in Göttingen beispielsweise ein bestimmtes Programm für Menschen mit chronischen Schmerzen entwickelt und erforscht.

Behandlungsziele sowohl der Verhaltenstherapie wie auch der Hypnotherapie sollen im folgenden aufgeführt werden. Schmerzpatienten können mit Hilfe der (Selbst-)Hypnose z.B. entspannt lernen

  • die wahrgenommene Schmerzstärke zu verringern,
  • die Aufgebrachtheit durch Schmerzen zu verringern,
  • die absolute Fixierung auf den Schmerz zu verringern,
  • die Fähigkeit Schmerz zu ignorieren verbessern,
  • die Stärke wahrgenommener Erschöpfung verringern,
  • den Glauben stärken, dass man in der Lage ist, Schmerz und seine negativen Folgen auf das Leben zu beeinflussen,
  • den Schmerz besser zu akzeptieren z.B. durch …
  • bewusstes Denken positiver schmerzbezogener Gedanken,
  • negative Gedanken durch beruhigende Gedanken zu ersetzen,
  • die Überzeugung verstärken, dass es gut ist, sich trotz Schmerzen zu bewegen und/oder aktiv zu sein,
  • die Selbsthilfefähigkeiten zu verstärken,
  • Aktivitäten zu stärken, die gut tun,
  • ein angemessenes Aktivitätsniveau trotz Schmerzen erhalten,
  • die Fähigkeit einzuschlafen und die Schlafqualität zu verbessern.

Medikamentöse Therapie

Bei chronischen Schmerzen hat die medikamentöse Therapie unbestreitbar  einen hohen Stellenwert. manchmal ermöglicht ist sie ein erträgliches Schmerzniveau, dass dann die Basis für die oben genannten psychologischen (oder auch krankengymnastischen) Interventionen darstellt. Ob und gegebenenfalls welche medikamentöse Behandlung im Einzelfall Sinn macht, sollte mit einem auf Schmerztherapie spezialisierten Arzt geklärt werden.